Begrüßung durch den LPK-Vorsitzenden

Michael Kuderna

 

 

Herzlich willkommen zum heutigen Enten-Abend!

 

 

 

Und gleich ein besonderes Kompliment an die Saarbrücker. Einige hatten ja im Vorfeld starke Bedenken geäußert, ob man den Annahof, der so weit weg in der Pampa liege, überhaupt erreichen könne. Gratulation: alle haben das geschafft, was die Nicht-Saarbrücker Jahr für Jahr oder sogar Tag für Tag in umgekehrter Richtung schaffen. So wie wir noch jede mühsame Expedition in den Großstadtjungel gut überlebt haben, werden auch Sie wieder unversehrt nachhause kommen, da bin ich ganz zuversichtlich. Aber egal, ob Stadtmensch oder Landbewohner, schön, dass Ihr alle mit uns feiert.

 

 

 

Der erste namentliche Gruß geht natürlich an unsere Preisträgerin, Frau Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, und die Gäste, die sie mitgebracht hat, nämlich den Chef der Staatskanzlei, Jürgen Lennartz, seine Frau Stojanka und den Noch-Regierungssprecher Thorsten Klein. Ich darf die Gelegenheit nutzen, mich bei Dir zu bedanken für die langjährige faire und vertrauensvolle Zusammenarbeit, und dir auch im nächsten beruflichen Lebensabschnitt alles Gute zu wünschen.

 

 

 

Selten haben unsere Mitglieder und andere Interessierte so sehr im Nebel gestochert wie dieses Jahr, wenn über den Überraschungslaudator spekuliert wurde. Herzlich willkommen Herr Ministerpräsident Bodo Ramelow und sein Büroleiter, Torsten Weil. Ehrlich gesagt habe ich schon noch eine Zeitlang Zweifel gehabt, ob sie vor ihrer Zusage mal auf die Landkarte geguckt und über die derzeit fehlenden Flugverbindungen nach Berlin informiert waren, aber ein Ehrenmann lässt sich, einmal versprochen, auch von 338 Kilometer Luftlinie nicht schrecken – auch dafür herzlichen Dank!

 

 

 

Grüßen darf ich auch alle früheren Preisträger. Um jeglichen protokollarischen Fettnäpfchen aus dem Weg zu gehen, nenne ich Sie in der Reihenfolge Ihrer Wahl, und zwar rückwärts ausgehend vom letzten Jahr: Willkommen dem schon in jungen Jahren politischen Ruheständler Michael Hilberer, Manfred Plätrich, Interims-Finanzminister Peter Altmaier, Oberbürgermeisterin Charlotte Britz, Otto Werner Schade, Asgar Abbaszadeh, Jo Leinen, Olivier Kirsch, Ikbal Berber, Dr. Burkhard Jellonek und Clemens Lindemann. Ein Parteichef will erst später zu uns stoßen, mal sehen.

 

 

 

Ein herzliches Dankeschön darf ich jetzt schon loswerden, nämlich an JAZZATTAKK. Jan Oestreich, Christoph Klein, Marius Klicke und Billy Trebing haben uns schon öfters durch ihre Virtuosität beeindruckt, das ist schon eine kleine Tradition geworden und so gehören sie inzwischen schon fast zu uns.

 

 

 

Tradition. Damit ist ein Stichwort angesprochen, das ein paar offene Worte verdient. Die Goldene Ente gibt es seit 1973, und so darf man sich nicht wundern, dass die Form der Feier wie auch die Auswahl der Preisträger – oft nach stundenlangen Debatten und mehreren Wahlgängen, fast wie im Konklave in Rom – nie ganz unumstritten ist. Ist der Abend noch zeitgemäß? Und können Journalisten in Zeiten von aggressiven Kumpanei-Vorwürfen tatsächlich eine Politikerin ehren?

 

 

 

Abgesehen davon, dass ich solche Überlegungen für ziemlich unsaarländisch empfinde, ist meine Meinung dazu klar: ja man kann. Erstens sind Politiker genauso ehrenwert wie Künstler, Wirtschaftsführer, Gewerkschafter und sogar Journalisten, und zweitens sind wir in der Demokratie in einer Schicksalsgemeinschaft miteinander verbunden, für die wir uns nicht schämen müssen und sollten. Das Interesse von Politikern an Einrichtungen wie der Landespresskonferenz liegt darin, die Informationsweitergabe in geordneten Bahnen zu halten. Andererseits bekommen wir Journalisten nur dann nicht-hundertprozentig interessengeleitete Hintergrundinformationen, wenn wir einen Rahmen bieten können, in dem Vertraulichkeit noch etwas gilt. Ein total liberalisierter Informationsmarkt führt, davon bin ich überzeugt, automatisch zu Oberflächlichkeit, wie wir das teilweise in sozialen Netzwerken bereits erleben.

 

 

 

Das führt mich zu ein paar Bemerkungen und Gedanken, zu denen ich Sie alle für ein paar Minuten in Geiselhaft nehme. Ich mute sie Ihnen nur deshalb zu, weil dies ja auch meine letzte Rede als LPK-Vorsitzender darstellt. Liebe Frau Kramp-Karrenbauer, im Mittelpunkt dieses Abends stehen Sie. Um dies nicht zu verwischen, andererseits nach 26 Jahren LPK-Vorsitz und baldigem Rentenbeginn im SR nicht wenigstens ohne ein paar grundsätzlichere Überlegungen zu gehen, will ich meinen Abschiedspart erst erledigen und dann befreit auf Sie zu sprechen kommen.   

 

 

 

Zunächst bekenne ich: ein Stück weit bin ich froh, dass ich nicht mehr über Strategien mitentscheiden oder sie mittragen muss, wie seriöser Journalismus mit Social Media, den neuen Plattformen mit mobiler Nutzung und den damit einhergehenden Veränderungen in Nutzer-Gewohnheiten und Erwartungen am besten umgeht. Denn: Ignorieren können und sollen wir diese Entwicklungen nicht, sonst verlieren wir ganz schnell den Anschluss beziehungsweise – wo schon passiert – finden ihn auch nicht wieder. Die nicht zuletzt technikgetriebene enorme Beschleunigung und der leichte Zugang haben auch gute Seiten, aber eben auch problematische. Meine Empfehlung: Lassen wir uns von niemandem drängen, vorschnell wertvolle und mühsam immer wieder erkämpfte journalistische Qualitätsstandards wegzuwerfen, vor allem solange noch keine alternative Strategie erkennbar und schlüssig ist. Eine Studie des Instituts für Publizistik der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität hat vor knapp einem Jahr auf folgendes aufmerksam gemacht: Über 90 Prozent der 1.200 Befragten nutzen nie oder selten Twitter oder Facebook, um eine Nachricht zu kommentieren. Fazit eines der Autoren: „Eine kleine Minderheit bestimmt in den sozialen Medien den Diskurs.“ Und sein Rat an Journalisten: „Cooler bleiben“.

 

 

 

Ein zweiter Punkt, den ich schon vorher kurz gestreift habe: Ich persönlich halte das regelmäßige Reflektieren über unser Selbstverständnis, über unser Rollenbild für extrem wichtig. Wir leben aus durchaus erklärbaren Gründen, auf die ich hier nicht eingehen will, in der ständigen Gefahr, die erkenntnisoffene Neugierde durch besserwisserische Missionierungstendenz zu ersetzen und uns ab und zu selbst als Politiker zu gerieren. Kleine Bemerkung am Rande: Ob unsere Vertreter in die Kontrollgremien wie Landesmedienrat oder Rundfunkrat gehören, da bin ich mir nicht sicher. Aber klar: wir sind keine Meinungs-Eunuchen und wir brauchen Haltung – aber eben auch Distanz und ständigen Selbstzweifel. „Das ist der ganze Jammer. Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten voller Zweifel“ – diese Erkenntnis des Philosophen Bertrand Russel gilt auch für uns.

 

 

 

Schließlich noch ein dritter Bereich, den ich ansprechen möchte: Bei der überragenden Bedeutung, die Kommunikation und Information für Gesellschaft und Demokratie einnehmen, finde ich es allerhöchste Zeit, an den Schulen ein Fach Medienkunde einzurichten. Kein Zweifel: die Breite der Maßnahmen zur Förderung der Medienkompetenz, zuletzt vor drei Jahren in der Antwort auf eine Landtagsanfrage auf 19 Seiten ausgebreitet, ist durchaus verdienstvoll. Tatsächlich geht es dann aber – wie gerade erst wieder aus einer Pressemeldung des Bildungsministeriums sichtbar - häufig doch nur um die Ausstattung mit besserer IT-Infrastruktur, also dem Handling. In Studiengängen zur Lehrerausbildung spielt Nachrichtenkompetenz ebenso kaum eine Rolle wie in Lehrbüchern. Und die angekündigte Ausweitung eines fächerübergreifenden Kursplans „Medienkunde“ in Thüringen wird das Manko ebenfalls nicht beheben. Querschnittskompetenzen haben neben Vorteilen immer auch einen Schuss Beliebigkeit. Neue Fächer an den Schulen einzuführen – Wirtschaft wäre ja bei ihrer Bedeutung auch so ein Kandidat – das wäre mal eine Bildungsrevolution, die Früchte tragen könnte. Aber irgendwie fällt mir als skeptischer Optimist Siegmund Freund ein, der mal äußerte: „Ungern denkt man an Mühlen, die so langsam mahlen, dass man verhungern könnte, ehe man das Mehl bekommt.“ Es wäre schön, wenn die KMK Freud widerlegte.

 

 

 

Zu guter Letzt darf ich mich bedanken: zu allererst bei Margit Strzalko, die unheimlich viel weggeschafft hat, mit der ich auch manche schöne Erinnerung – auch an kuriose Situationen - teilen darf und mir auch so was wie eine Seelenverwandte geworden ist. (Den Blumenstrauß gibt es nachher). Ich bedanke mich bei meinen Vorstandskolleginnen und –Kollegen, ihren Vorgängern (ich habe ja schon einige verschlissen bzw. die haben Karriere gemacht) und bei allen Mitgliedern. Ihr habt mich ja fast immer mit stalinistischen Ergebnissen gewählt, was eigentlich nur zwei Interpretationen zulässt. Entweder habe ich es ganz ordentlich gemacht oder ihr habt Euch Jahr für Jahr – ja liebe Politiker, bei uns wird tatsächlich jedes Jahr neu gewählt – gedacht, so einen Dummen finden wir nicht so schnell wieder. Aber im Ernst: es hat mir meistens Freude gemacht, ich habe in der Rolle auch viel für mich persönlich gelernt, Leidtragende gab es nur eine, nämlich meine Frau, wenn ich regelmäßig am Wochenende den Schreibtisch aufgesucht habe. Der Vorstand hat Olli Hilt bis zur nächsten Mitgliederversammlung zum Nachfolger gewählt. Ich bitte alle, ihn genauso zu unterstützen, wie ich es erfahren durfte, und wünsche ihm von Herzen einen guten Start.

 

 

 

Doch nun endlich zu unserer heutigen Preisträgerin, wobei ich unserem Laudator für seine Tisch-Rede hoffentlich nicht allzu viel vorwegnehme: „Widerstandsfähigkeit, Durchhaltevermögen, Weitblick und Gelassenheit selbst in Situationen, wo es sehr hektisch zugeht“ – da könnte doch einiges auf sie passen. Aber, Frau Kramp-Karrenbauer, erinnern Sie sich noch, so haben Sie mal ihre Parteichefin gerühmt. Zumindest Ihr stets ruhiger und sachlicher, freundlicher und fairer Umgang mit uns Journalisten war nun tastsächlich einer der Gründe, die uns zu unserer Wahl veranlasst haben. Paradoxerweise gehört das, was „normal“ sein sollte, im Politikbetrieb eher zum Außergewöhnlichen. Am 10. Januar hatten Sie in einer LPK gemahnt, bei Innerer Sicherheit nicht nur an Terrorabwehr, sondern auch an die vielen Wohnungseinbrüche zu denken – prompt wurde ihr Haus besucht. Auf so viel Normalität hätten Sie sicher gerne verzichtet.

 

 

 

Mit ihrer ruhigen, unaufgeregten Art haben Sie schon viel erreicht und überstanden; sogar aus der Königinnendisziplin für Politikerrinnen, nämlich die home-story in der Bunten, sind Sie unbeschadet hervorgegangen. Selbst den kreativen Umgang mit Zahlen bei der Modernen Galerie oder den kreativen Umgang mit Meeresfischen mitten im Binnenland Saarland haben Sie überstanden. Sie haben die saarländische Sonderstellung beim Länderfinanzausgleich erfolgreich mitverhandelt, waren im Püttlinger Stadtrat, im Landtag und im Bundestag, haben die Karnevalsbühne oder doch die Staatskanzlei gesäubert, drei Kinder großgezogen, eine Koalition aufgekündigt, eine nur noch schwer zu überblickende Zahl von Ministerien geleitet – deutschlandweit als erste Frau das Innenministerium, weiter die Ressorts Familie, Frauen, Sport, Bildung, Kultur, Arbeit und Soziales – sind inzwischen die dienstälteste Ministerin in der saarländischen Geschichte; mal ehrlich: Wird es da nicht allmählich Zeit für etwas Neues?

 

 

 

Damals, als Papst Benedikt 4 Tage nach Ihrem Beuch zurückgetreten ist, haben Sie ja nicht gleich zugegriffen; Das wäre doch was gewesen: Die Schlagzeile in der SZ: „Wir sind Päpstin“. Aber zu spät, müssen wir halt auf etwas Anderes warten.

 

 

 

Immerhin sind Sie in einem einschlägigen Zentralkomitee, was einem sozialistischen Ost-Ministerpräsidenten und bekennenden Protestanten doch sehr fremd erscheinen muss. Dafür teilen Sie mit ihm die Erfahrung, bei einer nicht ganz unwichtigen Wahl im ersten Wahlgang zu scheitern. Aber Sie haben da ja beide Nerven bewiesen und es dann auch geschafft.

 

 

 

Ein bisschen mager sieht es aber bei ihrer bisherigen Ausbeute an Ehrungen aus. Das Ehrenzeichen des THW in Silber, Ritter wider den tierischen Ernst, politische Zeichensetzerin des Jahres – ein ganz schrecklicher Titel, jeder setzt heute ständig und überall Zeichen, dieses Bild sollte man schon in der Volontärsausbildung auf die Tabuliste setzen. Jedenfalls: Es war nun dringend etwas Herausragendes, Goldenes fällig.

 

 

 

Ich freue mich sehr, dass ich Ihnen gleich diese goldene Trophäe überreichen darf. Zuvor noch einmal kurz ein retardierendes Element. Mich hat mein ganzes Leben ein Gedicht begleitet, fast keine Woche vergeht, wo ich es mir nicht einmal in Erinnerung rufe und damit autoritäre Gedankenanwandlungen in mir einhege. Es stammt von Kurt Eisner, dem ersten bayerischen Ministerpräsidenten. Man verzeihe ihm die die pathetische Ausdrucksweise eines Politiker und Literaten vor etwa 100 Jahren, der Gehalt scheint mir aber immer noch aktuell:

 

„Ich lieb im Menschen, was er morgen ist

 

Drum geb ich heut ihm all die Rechte,

 

Daß er sein Morgen sich erfechte

 

Und bilde, was in ihm verborgen ist.“

 

 

 

Ich bin sicher, wir können uns alle auf diesen Geist der Toleranz einigen, nämlich andere nicht einzuengen, ihnen einen Vertrauensvorschuss und Entwicklungschancen einzuräumen, nicht primär auf Zwang sondern auf Einsicht zu setzen. Diesen Grundton beim Handeln glaube ich auch bei unserer Preisträgerin zu spüren. Die Geduld zum Zuhören, das klaglose Sich-Zeit-Nehmen etwa für den journalistischen Nachwuchs, das aufgeklärte und unaufgeregte Werben für Überzeugungen, die Verweigerung von (angeblich) typisch männlichem Autoritätsgebaren – das alles sind Facetten unserer Preisträgerin, die wir heute mit der Goldenen Ente ehren. Frau Kramp-Karrenbauer, herzlichen Glückwunsch!