Goldene Ente

Begrüßung durch den LPK-Vorsitzenden Michael Kuderna

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, liebe Frau Britz,
sehr geehrter Herr Generalkonsul Mandon,
verehrte Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen,

zunächst darf ich erleichtert feststellen: der TGV Nantes-Paris-Saarbrücken funktioniert, unser Festredner ist da. Monsieur Ayrault, wir sind dankbar, dass Sie zu uns gekommen sind. Seit 1989 Bürgermeister von Nantes, der Partnerstadt von Saarbrücken, vorher übrigens von Saint Herblain, der Partnerstadt meines Wohnortes St. Ingbert, seit 1986 Abgeordneter in der Nationalversammlung, dort seit zehn Jahren Chef der sozialistischen Fraktion, gelernter Deutsch-Lehrer – kurzum, eine Traumbesetzung zu Ihren Ehren, Frau Oberbürgermeisterin, und zu unserer Freude.

Herr Ayrault wurde von Jo Leinen überzeugt, dass es löblich und angenehm ist, zu uns zu kommen. Lieber Herr Leinen, vielen Dank dafür! Und damit auch herzlich Willkommen an alle Preisträger früherer Jahre, die heute mit uns zusammen feiern.

Sie alle haben es verdient, namentlich begrüßt zu werden. Aber verzeihen Sie, dass ich dieses Mal weder chronologisch, noch alphabetisch oder gar protokollarisch korrekt vorgehe, sondern nach gedanklichen Verbindungslinien, die dann möglichst ein schönes Gesamtbild ergeben sollen.

Zunächst übermittle ich Ihnen Grüße von denen, die mir dies aufgetragen oder zumindest ihr Fehlen entschuldigt haben. Winfried Frank, der aus gesundheitlichen Gründen passen muss, Jean-Claude Juncker, Friedel Läpple, Peter Müller, Jean-Marie Rausch, Otto-Werner Schade, Ottmar Schreiner, Richard Weber und Raimund Weyand.

Umso mehr freuen wir uns, dass einer unserer treuesten Begleiter nach einer unverschuldeten Pause im letzten Jahr wieder da ist, nämlich unser früherer Landtagspräsident Albrecht Herold. Die damaligen Vorstandsmitglieder erinnern sich noch gerne an die regelmäßigen Gesprächsabende und das selbstverständliche Miteinander, das auch von gelegentlichen Meinungsverschiedenheiten nie im Grundsatz in Frage gestellt war.

Auch Asgar Abbazadeh, Ikbal Berber, Hajo Hoffmann, Helmut Macher, Professor Heinrich Schüssler und Dr. Burkhard Jellonek gehören zu denen, die immer wieder kommen und dies offenbar genauso gerne, wie wir sie bei uns sehen.

Zumindest Wildenten sind Zugvögel. So kann es schon vorkommen, dass auch die ein oder der andere Halter sich für einige Zeit aus unserem Kreis entfernt. Doch Wiedersehensfreude ist eine der schönsten Freuden; deshalb, Sylvie Hamard, schön dass Sie wieder da sind.

Lassen Sie mich nun mit jemandem fortfahren, der uns allen schon in den verschiedensten Funktionen begegnet ist. Guten Abend Herr Lafontaine. Nicht nur Sie haben ja nach der Entenverleihung noch überraschende Karriere-Veränderungen erlebt: als Ministerpräsident ausgezeichnet, Bundesvorsitzender einer und inzwischen einer anderen Partei geworden, nun gleichzeitig auch noch Fraktionschef, Kandidat für die Nach-Nach-Folge von sich selbst und heute in der Reihe der Enten-Preisträger hier zusammen mit ihrem Landesvorsitzenden, der aber noch als ver.di-Chef von uns geehrt wurde. Grüß Gott Herr Linsler. Sie sehen, Frau Britz, unser Preis hat nichts mit Lebensleistung zu tun, sozusagen einem Endpunkt; nein: Preisträger sind für alle möglichen Überraschungen gut.

Wir Nachrichtenmenschen wissen: wer in einer solch illustren Reihe als Letzter genannt wird, ist nicht etwa der Unwichtigste. Im Gegenteil: die Dramaturgie erfordert am Schluss noch einmal einen besonderen Höhepunkt. Deshalb und nur deshalb, lieber Olivier Kirsch, fällt Dein Name erst jetzt. Du hast uns schon vor einem Jahr mit Deiner Stimme und Deinem Temperament mitgerissen. Wir freuen uns sehr, dass Du uns heute noch einmal so richtig einheizen wirst. Dabei bedanken wir uns auch herzlich bei dem Duo Starmoon, das uns durch den Abend geleitet.

Wie Sie sehen, diese Feier ist fest in französischer Hand. Diplomatische Verwicklungen sind aber nicht zu erwarten. Dafür bürgt ein Ehrengast, der dankenswerter Weise unserer Einladung gefolgt ist. Guten Abend, Herr Generalkonsul Jean-Georges Mandon, fühlen Sie sich bei uns wohl.

Leider wird Prof. Weizenbaum, der ja seine Rede im vergangenen Jahr absagen musste, krankheitsbedingt nicht nach Saarbrücken kommen. Die Begegnung mit ihm in Berlin war für alle, die mit ihm gesprochen haben, tief berührend. So viel Klugheit, Humanität, Würde und Witz auf einmal habe ich selten erlebt.

Nicht nur dieses Treffen, auch die anderen Termine während unserer LPK-Fahrt in Berlin hatten neben Informationen und Einschätzungen zusätzlich den heilsamen Wert eine Außenansicht auf das Saarland. Manche Probleme sieht man dann wieder schärfer, manche Aufgeregtheiten relativieren sich. So mutet es schon ein wenig komisch an, mit welcher Verbissenheit und welchem Energieaufwand manch überflüssige Kämpfe in unserem schönen, aber doch kleinen Land ausgetragen werden.

Ein kleines Beispiel aus unserer Arbeit: Nachdem kürzlich die frühere Grünen-Politikerin Barbara Spaniol die Partei wechselte und nun als fraktionslose Abgeordnete dem Landtag angehört, hat sich der LPK-Vorstand nach einem Prozess gründlicher Recherche und Abwägung für eine Lösung entschieden, die uns weiterhin kontinuierliche Information über ihre Positionen sichert, ohne diese Abgeordnete den Fraktionen gleichzusetzen. Konkret: wir laden seither Frau Spaniol (nur) an den Montagen zur LPK ein, die einer Plenarsitzung vorausgehen. Wir glauben, das ist eine faire Lösung, mit der eigentlich jeder leben können müsste. Was wir aber nun wirklich kleinkariert finden: im offiziellen „grünen Dienst“ suchen Sie die entsprechenden Termine vergeblich. Aber trösten wir uns: Wenn wir keine anderen Probleme haben, geht’s uns doch wirklich gut.

Warum erzähle ich es dennoch? „Die Verfassung will, das unser Volk erfährt, was sich dort abspielt, wohin er sein Vertrauen übertragen hat“, stellte vor ziemlich genau 20 Jahren der damalige Landtagsdirektor Heinz Krieger fest. In einem immer noch lesenswerten Referat über Politik und politische Kultur im Saarland, und hier speziell über Verfassungsanspruch und Verfassungswirklichkeit der Legislative, warnte Dr. Krieger: „Der Verfassungsanspruch, der auf Machtverteilung und Kontroverse setzt, ist in der Verfassungswirklichkeit zunehmendem Druck zum diskreten Kompromiss ausgesetzt.“

Ich zitiere eine weitere bedenkenswerte Passage aus seinem Vortrag: „Die Pressefreiheit ist nicht 4. Gewalt im Staate, obwohl uns die Journalisten das anmaßend glauben machen wollen, und obwohl Politiker dies, um die Journalistengunst buhlend, in Kauf zu nehmen bereit sind. Die Pressefreiheit ist vielmehr nach dem Verfassungsanspruch ein Grundrecht und damit ein Abwehrrecht des Bürgers gegen den Staat, die Pressefreiheit dient dem Schutz des Bürgers vor den Organen der Staatsgewalt und seinem Schutz vor staatlichem Handeln. Und nicht zu vergessen: Die Pressefreiheit dient der Disziplinierung der politisch Verantwortlichen. Ein Abwehrrecht dieser Prägung und mit diesen Funktionen stört natürlich die Politiker. Kontrolle und Kritik hemmen die freie Entfaltung. Abschaffen können und wollen die Demokraten die Pressefreiheit trotzdem nicht. Ich meine das nicht einmal ironisch. Was macht man also? Man entschärft das Abwehrrecht der Pressefreiheit, in dem man die Presse vereinnahmt.“

Frau Britz, genau das habe ich persönlich von Ihrer Seite bisher nicht erlebt. Ich empfinde die bisherigen Begegnungen als offen für Herzlichkeit und Distanz gleichermaßen, was eben die persönliche oder professionelle Situation gerade erfordert. Ihr Slogan aus dem Wahlkampf – „es geht auch menschlich“ – gilt auch für den Umgang von Politik und Presse. „Menschlich“ darf freilich für die Politik nicht heißen, sich anzubiedern beziehungsweise den leichtesten Weg zu gehen, und für die Presse nicht, aus Eigennutz oder Sympathie Kritik zu unterlassen, wo sie angebracht wäre. „Menschlich“ sollte jedoch sehr wohl heißen, anständig miteinander umzugehen, dem Gegenüber die Integrität zu belassen, Kritik nicht als Majestätsbeleidigung anzusehen und – von Seiten der Journalisten - nicht als die Königsdisziplin schlechthin. Wir vom Fach wissen: eine verständliche Reportage, die dem Hörer und Leser durch fundierte Information ein eigenständiges Urteil ermöglicht, ist oft schwieriger zu verfertigen als ein Kommentar.

Frau Britz, Sie haben gute Chancen, die Goldene Ente und deren Stifter bei Laune zu halten. Sie wirken nicht verbissen, Sie kennen aus Ihrer Zeit als Sozialarbeiterin und später Sozialdezernentin die Sorgen und Nöte der Menschen, die nicht immer auf der Sonnenseite stehen, Sie drängen sich nicht ständig vor, Sie können warten, aber auch zum geeigneten Zeitpunkt zugreifen, Sie haben sich ein Stück Unabhängigkeit bewahrt und Sie üben ein Amt unter eigentlich unmöglichen Bedingungen aus (andere Parteizugehörigkeit als die Ratsmehrheit, ein bunt gewürfeltes Dezernenten-Kollegium, eine andere Mehrheit im Land und - wie viele Städte - kein Geld im Säckel). Dennoch agieren Sie in der Regel unaufgeregt, frei von Allüren, kneifen selten, stellen sich unseren Fragen – wenn auch manchmal ungern oder zögerlich, da ist noch etwas Luft drin - und sie beantworten unsere Fragen möglichst verständlich. Auf die Idee einer anderen rothaarigen Politikerin, für Interviews Geld zu kassieren, kämen sie vermutlich nicht einmal im Traum.

Natürlich bedienen Sie sich dabei auch professionelle Hilfe. Wir begrüßen also an dieser Stelle Ihren persönlichen Referenten, Herrn Rolf Staub, ihren bisherigen Pressesprecher Dirk Sellmann, seinen Nachfolger Thomas Blug und Ihren Medienreferenten Robert Mertes. Ohne deren Arbeit schmälern zu wollen: Wenn heute oft darüber diskutiert wird, ob die- oder derjenige Politiker etwas gut vermitteln kann: wo keine Substanz da ist, nützt auch die beste Vermittlungstechnik nichts.

Frau Oberbürgermeisterin, morgen ist wieder ein wichtiger Tag für Sie und das Land: die Einweihung des Eurobahnhofs Saarbrücken. Gerne hätten sie dabei Herrn Ayrault an Ihrer Seite gewusst, doch er ist – wie wir hörten – terminlich gezwungen, schon früh wieder abzureisen. Glück für uns: denn so erfahren wir schon heute, was er Ihnen und uns Saarländern generell zu sagen hat. Herr Ayrault, wir freuen uns auf Ihren Beitrag zu diesem Fest.