Dankesworte

des Präsidenten des Rechnungshofes des Saarlandes a.D.

Manfred Plaetrich

 

Lieber Herr Kuderna, sehr geehrte Mitglieder der Landespressekonferenz, liebe Frau Töpfer, sehr geehrter lieber Herr Professor Töpfer, sehr geehrte frühere Preisträger, verehrte Gäste,

als ich im Mai dieses Jahres durch Sie, Herr Kuderna, von der Entscheidung der LPK erfuhr, mir die „Goldene Ente“ 2013 zu verleihen, war ich völlig überrascht und perplex. Nicht nur, weil es die erste Auszeichnung in meinem Berufsleben für besondere Verdienste für was auch immer überhaupt ist, sondern weil ich solch eine Ehrung erst recht nicht mehr auf dem Schirm hatte, nachdem ich kurz zuvor in den gesetzlichen beamtenrechtlichen Ruhestand getreten war. Damit war nach meiner Erwartung das Berufsleben zwar leider zu früh, aber eben doch vorbei.

Nach einer Zeit des Wirkenlassens der unerwarteten Ankündigung sind mein Erstaunen und meine Sprachlosigkeit allerdings sehr schnell der Freude und einem gewissen Stolz gewichen. Zum einen deshalb, weil die „Goldene Ente“ der LPK-Saar nun wahrlich keine Standard-Auszeichnung ist, der man ab einem gewissen Lebensalter oder nach einer namhaften Anzahl von Berufsjahren nur schwerlich entgehen kann, und zum andern, weil sie mir das wohltuende Resümee eines abgeschlossenen Berufslebens vermittelt: Du hast offenbar doch etwas Bleibendes von Wert geleistet! Zu einem solchen Ergebnis im Wege der Selbsteinschätzung zu kommen, entspricht wegen meiner selbstkritischen Grundhaltung ganz und gar nicht meinem Naturell. Umso schöner und befriedigender ist es, wenn einem diese Einschätzung durch Dritte abgenommen wird und sie trotzdem derart positiv und erfreulich ausfällt.

Ich bedanke mich deshalb bei Ihnen, lieber Herr Kuderna, und bei der gesamten LPK-Saar für diese außergewöhnliche Ehrung und Auszeichnung sehr herzlich. Seien Sie versichert: Die „Goldene Ente“ wird bei mir zu Hause einen angemessenen und würdigen Ehrenplatz bekommen.

Hinzu kommt ja Folgendes: Mit meiner heutigen Auszeichnung wird zum ersten Mal in den 40 Jahren, in denen die „Goldene Ente“ verliehen wird, ein Rechnungshof-Präsident bedacht. Der für den Preisträger damit verbundenen Risiken war sich die LPK vermutlich gar nicht bewusst. Dabei kann ich ja nur von Glück sagen, dass mir diese besondere Ehre erst nach meinem Eintritt in den Ruhestand zuteilwird, weil ansonsten manche skeptische, an meinem Loyalitätsverständnis zum Rechnungshof zweifelnde Rückfrage fällig gewesen wäre. Denn  überraschender als die Verleihung der „Goldenen Ente“ an einen Präsidenten des Rechnungshofes – wohlgemerkt einer Auszeichnung für den offenen Umgang mit der Presse – wäre wohl nur noch deren Verleihung an einen Präsidenten des Amtes für Verfassungsschutz!

In diesem Zusammenhang habe ich mich an mein erstes Fernsehinterview nach meiner Wahl im Landtag am 14. Mai 2003 erinnert (ich meine, es war damals Volker Roth), an dessen Ende er den Wunsch äußerte: „Hoffentlich erfahren wir künftig ein bisschen mehr vom Rechnungshof als bisher.“ Ich habe die unter dieser Aussage liegende Botschaft zunächst gar nicht verstanden, sondern erst nach einigen Monaten im Amt begriffen, was er damit eigentlich letztlich meinte. Offenbar galt der Rechnungshof über viele Jahre hinweg nach seinem eigenen Verständnis, aber auch in der Betrachtung seitens der Politik als so etwas wie eine Geheimloge, die penibel darauf bedacht ist und es auch sein sollte, sich nicht in die Karten gucken zu lassen und – abgesehen von der üblichen Pressekonferenz zum Jahresbericht – schon gar nicht offensiv über die Presse in die Öffentlichkeit zu kommunizieren. Das ist grundsätzlich auch richtig so, aber eben nur insoweit, als es sich um noch laufende Prüfungsverfahren handelt. Denn auf Indiskretionen – von welcher Seite auch immer – beruhende vorzeitige Darstellungen in den Medien gefährden berechtigte und zu diesem Zeitpunkt deshalb noch schützenswerte Interessen der geprüften Stelle und beeinträchtigen eine von parteipolitischem Geplänkel ungetrübte sachliche Auseinandersetzung mit den gewonnenen Prüfungserkenntnissen im nachfolgenden parlamentarischen Verfahren. Dass die Interessenlage bei Ihnen als Journalisten eine andere ist, habe ich dann sehr schnell lernen und zuweilen auch leidvoll erfahren müssen.

Ganz anders stellt sich die Ausgangslage jedoch nach Abschluss des Prüfverfahrens dar. Denn dann liegen belastbare Prüfungsergebnisse vor und das Parlament hat ebenso wie die Öffentlichkeit nach meinem Verständnis einen Anspruch darauf, darüber unterrichtet zu werden, eben weil der Rechnungshof keine Geheimloge ist, sondern Teil des demokratischen Gemeinwesens, völlig ungeachtet dessen, dass er insoweit zudem den gesetzlichen Auskunftsplichten des Pressegesetzes und des Informationsfreiheitsgesetzes unterliegt. Im Übrigen ist der Rechnungshof in diesem Verfahrensstadium als an Verwaltungshandeln Kritik übender Akteur und damit gleichsam als „Angreifer“ zwangsläufig Teilhaber an der nachfolgenden öffentlichen Diskussion. Dann aber darf und muss er auch Teilnehmer sein, der seine Erkenntnisse und seine daraus folgenden eigenen Bewertungen auch öffentlich offensiv vertritt.

Und ein Weiteres – und wohl das Wichtigste – kommt hinzu: Der Rechnungshof wird ja nach einer landläufig weit verbreiteten Meinung vielfach als zahnloser Tiger oder als Ritter ohne Schwert bezeichnet, weil es ihm an exekutiven Instrumenten oder Sanktionsmechanismen zur praxiswirksamen Umsetzung seiner Prüfungserkenntnisse fehlt. Ihm stehen neben seiner amtlichen Autorität und seiner durch Fachkompetenz und Objektivität erworbenen Glaubwürdigkeit lediglich das Wort, seine Argumente und seine Überzeugungskraft zur Verfügung. Deren Wirkung kann aber durch die mediale Verbreitung nachdrücklich verstärkt werden. Diese öffentliche Publizität ist mehr als ein Korrektiv für fehlende Sanktions-mechanismen. Eine Vielzahl von Beispielen medial ausgetragener Kontroversen aus den vergangenen zehn Jahren, die ich in diesem Kreis nicht im Einzelnen benennen muss und die mitunter sogar parlamentarische Untersuchungsausschüsse zur Folge hatten, belegt dies. Ich habe deshalb allen Grund, mich bei Ihnen als den Vertretern der sog. Vierten Gewalt sehr herzlich und aufrichtig für Ihre Berichterstattung und Ihre Begleitung des Rechnungshofes auch in für ihn schwierigen Zeiten zu bedanken. Ihre redaktionellen Beiträge und Ihre Kommentierungen der Vorgänge oder der dazu erfolgten Stellungnahmen aus dem politischen Raum haben ganz wesentlich das Image und das Standing des Rechnungshofes, das er heute genießt, beeinflusst, ja mehr noch, ohne Ihre klar Position beziehende und die öffentliche Meinung prägende kritische mediale Begleitung des Hofes stände dessen ehemaliger Präsident heute sicherlich nicht hier.

Aber ich räume auch freimütig ein, dass nicht nur persönliche Überzeugung und die Erfahrung im Amt meine Bereitschaft zu einem offenen Umgang mit der Presse gefördert haben. Wie sollte es auch anders sein, wenn man mit er Public Relations- und Kommunikationsberaterin verheiratet ist, deren Markenzeichen der vertrauensvolle Umgang mit Journalisten und die offensive Krisenkommunikation sind.

Zudem verfügt der Rechnungshof mit Herrn Sebastian seit vielen Jahren und damit schon länger, als ich überhaupt im Amt war, über einen Pressesprecher, den nicht nur ein umfassendes medienrechtliches und medienwirtschaftliches Fachwissen auszeichnet, sondern der vor allem die sprichwörtlichen saarländischen Verhältnisse und Denkmuster im politischen und im medialen Raum bestens kennt und einzuschätzen vermag. Von daher erklärt sich zwanglos, dass ich mich von ihm immer ausgezeichnet beraten und vorbereitet gefühlt habe. Wir waren stets ein abgestimmtes Team: Ich an der Front – mit allen gelegentlich negativen Konsequenzen in Gestalt von politischen Prügeln und zuweilen auch Tiefschlägen, aber, wie man heute sieht, auch mit den positiven Folgen –, er mit den Fäden, die er zumeist im Hintergrund zog.  Sie werden deshalb sicherlich verstehen, lieber Herr Kuderna, wenn ich einen Teil der „Goldenen Ente“, die mir heute verliehen wird, symbolisch an Herrn Sebastian abtrete. Seine Ratschläge und Empfehlungen waren jedenfalls nicht die Ursache, wenn der Rechnungshof gelegentlich massiv im Wind stand, dann schon eher die Tatsache, dass sich der Präsident zu weit aus dem Fenster gelehnt oder handwerkliche Anfängerfehler produziert hat. Ich denke da etwa an meinen Vergleich des finanzwirtschaftlichen Rankings der Bundesländer mit der Fußball-Bundesliga und meine Aussage in Bezug auf das Saarland: „Was nutzt es, wenn man sich vom Tabellenende löst und auf den 17. Platz vorrückt – das ist immer noch ein Abstiegspatz!“ Die Titelzeile in der Saarbrücker Zeitung am nächsten Tag „Saarland auf Abstiegsplatz“ schrieb sich von selbst und hat bei den damals politisch Verantwortlichen nur äußerst begrenzte Freude ausgelöst. Man erinnere sich: Das war im Jahr 2004, im Saarland ein Wahljahr, und der Slogan vom „Aufsteigerland Saarland“ war damals die politische Devise! Kam wirklich nicht gut!

Aber aus Fehlern lernen können und sollten wir alle. Das gilt einerseits selbstverständlich für den Rechnungshof und seinen Präsidenten, das gilt aber andererseits auch für Politik und Verwaltung. Denn beide sind – richtig verstanden – zwei Partner, die, gleichsam wie siamesische Zwillinge, voneinander abhängig und aufeinander angewiesen sind, sich aber durch die unterschiedliche Rollenverteilung des Prüfers und des Geprüften oftmals zu Kontrahenten in widerstreitenden Lagern entwickeln. Dies ist eine Erfahrung, die ich stets als bedauerlich empfunden habe, weil doch beide das gemeinsame Ziel haben oder zumindest verfolgen sollten, sowohl organisatorische und personelle Verwaltungsstrukturen als auch operatives Verwaltungshandeln im berechtigten Interesse des Bürgers und Steuerzahlers so effizient und effektiv wie möglich zu gestalten. Berechtigte Kritik von Seiten des Rechnungshofes an konkreten Verwaltungsabläufen oder Verwaltungsvorgängen sollte daher – zumal seitens der Politik – nicht als das lustvolle Anschwärzen von Behörden oder gar von Personen missverstanden werden, sondern vielmehr als sachlicher Beitrag zu einer in die Zukunft gerichteten Beseitigung erkannter Mängel der Vergangenheit. Erst dann, wenn Politik und Verwaltung wirklich bereit sind, diese Lehre zu ziehen und den Rechnungshof als kompetenten Partner und ehrlichen Makler bei der Erfüllung staatlicher Aufgaben zu verstehen, kann der Rechnungshof seine ihm zugedachte Controlling-Wirkung als unabhängiger und politisch neutraler staatlicher Gutachter und Finanzdienstleister voll entfalten. Ich hoffe sehr, dass nicht noch das Bildungsgebot vom „Lebenslangen Lernen“ bemüht werden muss, bis sich diese Erkenntnis allseits durchgesetzt haben wird.

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren der LPK, auch das sage ich bewusst in dieser Runde ganz offen: Auch die Medien können gelegentlich dazulernen, wenn darum geht, erst einmal genau hinzuschauen und zu recherchieren, bevor die sprichwörtliche nächste Sau durchs Dorf getrieben wird. Ich füge allerdings gern hinzu, dass Sie in den allermeisten Fällen genau hingeschaut haben, wenn es um Rechnungshof-Themen ging, und Sie haben vielfach vorab bei mir nachgefragt anstatt zu spekulieren. Sie haben dadurch mir und damit dem Hof eine Plattform gegeben für Klarstellungen, für vertiefende Informationen, für kommentierende Bewertungen und zur Erläuterung von Hintergründen, um etwaige Missverständnisse in der Öffentlichkeit von Vorneherein zu vermeiden oder im Nachgang auszuräumen. Möglicherweise war Ihr so praktiziertes Verständnis vom fairen Umgang mit dem Rechnungshof und seinem Präsidenten sogar ein entscheidender Baustein dafür, dass ich heute die „Goldene Ente“ 2013 in Empfang nehmen darf. Ich danke ich Ihnen deshalb nochmals ganz herzlich und nehme Ihre Auszeichnung gern und mit großem Stolz entgegen.