Goldene Ente 2013

 

Begrüßung und Würdigung

 

durch den LPK-Vorsitzenden Michael Kuderna

 

 

Lieber Herr Professor Töpfer, verehrte Frau Töpfer,

liebe Gäste, Enten-Besitzer, Kolleginnen und Kollegen,

 

„wir Saarländer sind halt immer etwas bescheiden und zurückhaltend, vielleicht manchmal sogar zu sehr. Vor allem sind wir ehrlich, aufrichtig und korrekt“ . Diese zwei Sätze sagen – so glaube ich – über unseren diesjährigen Preisträger mehr, als er selbst von sich preisgeben wollte. Aber Festreden haben es nun einmal an sich, dass sie zumindest eine halbe Ewigkeit nachlesbar sind. Kurzum: Wer sich da unfreiwillig in seinen eigenen Worte spiegelt, ist unser diesjähriger Preisträger, Herr Manfred Plaetrich. Seien Sie und Ihre Frau herzlich  willkommen zu diesem Festabend, der Ihnen gewidmet ist.

 

Ebenso herzlich und mit Dankbarkeit begrüßen wir Herrn Professor Klaus Töpfer. Dass Sie als international gesuchter Berater, Gesprächspartner und Redner sich heute Abend Zeit nehmen, ist sowohl für den Preisträger als auch für uns eine große Ehre. Wir freuen uns, dass auch Sie, Frau Töpfer, dabei sind und so einige der Leute kennen lernen, die Ihrem Mann sicherlich manchmal Freude, möglicherweise aber auch hin und wieder Ärger bereitet haben; alles andere wäre ja im Verhältnis Journalismus - Politik auch ungesund.

 

Lassen Sie uns nun, lieber Herr Plaetrich, Ihre eigenen Worte, die Sie bei Ihrem Abschied als Präsident des Rechnungshofes Ende März gebraucht haben, einmal genauer ansehen. Sie sagen ganz selbstverständlich „wir Saarländer“. Geboren sind Sie in Bückeburg, Studienort Münster, Referendariat in Düsseldorf, dann haben Sie sich unserer Region genähert, aber sich offenbar noch nicht ganz in das regionale Herz, also das Saarland, getraut: Dezernent in Bernkastel, Richter in Trier, Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, Referatsleiter im Umweltministerium in Mainz. Ihr Chef dort: Minister Klaus Töpfer. Offenbar haben Sie ihm imponiert, denn er nahm sie als Leiter seines Büros mit an seine neue Wirkungsstätte, das Bundesumweltministerium in Bonn. Nach weiteren Stationen innerhalb dieses Hauses ein Schock: Als der Grüne Jürgen Trittin von der Töpfer-Nachfolgerin Angela Merkel den Minister-Posten übernimmt, der politische Beamte Plaetrich wird ohne Rücksprache in den vorläufigen Ruhestand versetzt, man könnte auch sagen rausgeschmissen.

 

Ein Jahr später lockt ihn ein gewisser Karl Rauber – sicher auf Empfehlung des früheren Vorsitzenden der Saar-CDU namens Töpfer – endlich ins Saarland. Und dort nimmt er als Leiter der Abteilung Grundsatzfragen ungefähr die Aufgabe wahr, die in den 70er Jahren als Planungschef ein Volkswirt namens Töpfer versehen hatte. Sein Mentor hatte, wenn man der Frankfurter Rundschau glauben kann, seit der Leitung des Bundesministeriums für Umwelt und Reaktorsicherheit dessen Abkürzung BMU als Spitznamen weg: „BMU – bin meistens unterwegs“.

 

Anders Manfred Plaetrich. Er beginnt, sesshaft zu werden. Seine Frau und er – raten Sie mal, wo sich das Paar kennen gelernt hat? Natürlich in Töpfers Ministerium in Bonn -  also die beiden kaufen sich ein Haus in Bildstock und bleiben an der Saar hängen. So tief taucht der Hobby-Gärtner in die saarländische Szene ein, dass er sich auch dem Vereinleben hingibt, beim SV Hellas 05 Bildstock sogar den Schleudersitz eines Fußball-Präsidenten übernimmt und sich – im Gegensatz zu einem anderen Entenpreisträger – bis heute darauf hält. Aber notfalls hat er ja noch eine zweite fußballerische Liebe in petto, nämlich zu den Borussen aus Mönchengladbach; und die „Fohlen“ machen ihren Fans derzeit ja wirklich Freude. Das heutige Unentschieden gegen Mainz ist da aus großregionaler Sicht ein guter Kompromiss.

 

Also: nach einem kurzen Intermezzo in der Saarbrücker Talstraße Wurzeln schlagen in Bildstock. Wieder einmal zeigt sich die Toleranz und Integrationskraft des Saarlandes, das Immigranten aus Nordrhein-Westfalen genauso schnell absorbiert wie aus Bayern, der Türkei oder dem Iran.

 

Womit die Gelegenheit günstig ist, unsere ehemaligen Preisträger zu begrüßen: Ikbal Berber, Charlotte Britz, Olivier Kirsch, Albrecht Herold, Hajo Hoffmann, Clemens Lindemann, Dr. Burkhard Jellonek, Jo Leinen, Asgar Abbaszadeh und Otto Werner Schade. Unser letztjähriger Preisträger Peter Altmaier hat kurzfristig passen müssen – ich glaube, alle ahnen, warum. Stammgast ist inzwischen auch HWK-Hauptgeschäftsführer Georg Brenner, der Garant für den jährlichen Nachschub an Enten.

 

In unseren Gedanken sind auch Ottmar Schreiner und der treue Enten-Feier-Freund Rolf Linsler weiter dabei, ebenso wie Gerhard Franz, der in seiner Person in besonderer Weise Kompetenz und Kollegialität verbunden hat. Ich bin sicher, alle drei hätten jetzt gesagt: danke dass Ihr mich nicht vergessen habt, aber jetzt feiert schön und trinkt ein Glas Wein auf uns.

 

Apropos Wein: Es soll ja eingefleischte Sammler geben, die Jahrzehnte warten und hoffen, dass sich der Inhalt ihrer Flaschen nicht allmählich zu Essig verwandele. Ich denke, einem guten Tropfen sollte man das nicht antun. Und ich bin mir sicher, dass die im alten Vorstand önologisch Versierteste ähnlich denkt. Deshalb werden wir Cathrin Elss-Seringhaus in den nächsten Tagen eine ordentliche Flasche expedieren, als kleiner Dank für ihre mehrjährige Arbeit im Vorstand der Landespressekonferenz. Cathrin ist leider gesundheitlich angeschlagen und musste deshalb heute passen – sie lässt aber alle herzlich grüßen. 

 

Noch länger, nämlich dreizehn Jahre, war Michael Thieser dabei. Du hast nicht nur Deine ganze Leidenschaft als Politikredakteur eingebracht, Du warst auch immer bereit, Dich als – das ist jetzt wirklich positiv gemeint – LPK-Rampensau ins Gefecht zu begeben; kein Promi konnte mit Schonung rechnen, mancher Gesprächspartner musste Dein Mikrofon fürchten wie den Bohrer beim Zahnarzt. Ein Journalist mit Ecken und Kanten, der auch viel für die grenzüberschreitende Medienarbeit tut und dies nach meiner Wahrnehmung im Moment eher noch verstärkt – das hat unserem Vorstand häufig Impulse gegeben. Ein edles Schreibgerät mit Birnbaum-Besatz möge es Dir noch lustvoller machen, auch in Zukunft Wichtiges zu notieren und für die Hörer gewinnbringend zu verarbeiten. Lieber Michael, vielen Dank!

 

Und wenn wir schon beim danken sind: Jan Oestreich, Christoph Klein und Billy Trebing – mit Ihrer Formation JazzAttack und der LPK haben sich offenbar die Richtigen gefunden. Wir freuen uns nun schon zum vierten Mal auf Sie, und Sie kommen, wie Sie mir am Telefon sagten, auch immer gerne zu uns. Vielen Dank für diese Treue und den Kunstgenuss!

 

Doch nun zurück zum Eingangszitat. „Wir Saarländer sind halt immer etwas bescheiden und zurückhaltend, vielleicht manchmal sogar zu sehr.“ Was will uns der Autor – neben seinem Bekenntnis zur gefundenen Heimat Saarland - damit sagen? Ganz klar empfiehlt er uns, selbstbewusster zu sein. Vielleicht spiegelt sich in dieser Empfehlung auch ein Stück eigenes Erleben im Beruf. 2003 wechselte Herr Plaetrich ja aus der Staatskanzlei, dessen damaliger Hausherr allerdings nach meiner Erinnerung ganz und gar nicht an mangelndem Selbstbewusstsein litt, auf den Präsidentenstuhl im Rechnungshof. Und fing dort eher sachte an. Bei der Amtseinführung sagte er beispielsweise: „Nach der gesetzlichen Ratio ist der Landesrechnungshof zur Unterstützung der Kontrollrechte des Souveräns, also des Landtags, konzipiert, nicht als dessen Aufseher.“  Fast zehn Jahre später sorgte ausgerechnet ein Sonderbericht über das Finanzgebaren der Landtagsfraktionen für parteiübergreifendes Stirnrunzeln bei eben diesem Souverän.

 

Die heutige Ehrung hängt genau mit dieser Entwicklung zusammen: Zwar sind Sie auf Parteiticket ins Amt gekommen, doch haben Sie Ihren Ethos nicht verkauft oder verloren, vielmehr noch geschärft, sind zunehmend mutig aufgetreten, haben sich wo nötig mit Granden angelegt, grenzenlosen Gärten die Grenzen aufgezeigt, Dinos und ihren Verbündeten das Fürchten gelehrt und ein „Hauptsach gudd gess, gebaut han mir schnell“ nicht durchgehen lassen. Kurzum: Sie haben unbeirrt ihre Aufgaben erfüllt. Eine Entwicklung mit happy end: Immerhin hat die Ministerpräsidentin gleich nach ihrem Amtsantritt Ihnen und Ihrer Behörde Respekt gezollt und das Verhältnis zwischen Regierung und Rechnungshof nach einigen Turbulenzen wieder normalisiert. Diese persönliche Emanzipation korrespondiert im übrigen mit dem geschichtlichen Hintergrund des Begriffs Rechnungshof. Der Bestandteil „Hof“ verweist natürlich auf die Zeiten der Fürstenhöfe, die allmählich Ordnung und zentrale Kontrolle in ihre jeweilige Territorialherrschaft bringen wollten.

 

Heute haben wir es mit recht unabhängigen Organen zu tun, die nicht nur Rechnungen überprüfen, sondern auch auf Kriterien wie Wirtschaftlichkeit achten. Mächtig, aber ohne Sanktionsmöglichkeiten – da liegen Parallelen zu uns Journalistinnen und Journalisten auf der Hand. SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst hat beim Festakt „50 Jahre Rechnungshof des Saarlandes“ – beiläufig: die LPK kann da mit ein paar Jahren mehr Altersweisheit auftrumpfen – Kollege Herbst hat da noch eine Reihe weitere Gemeinsamkeiten aufgespürt, etwa die Freiheit, die Themen selbst zu bestimmen, die Unabhängigkeit, die Ziele Aufklärung und Transparenz sowie die Wächterrolle. Wäre der Begriff „Vierte Gewalt“ nicht schon durch uns Medienschaffende besetzt, würde er, so meine ich, auch den Rechnungshöfen gut zu Gesicht stehen. Beide, Rechnungshöfe und Medien, müssen im übrigen eine große Bandbreite an Themen bearbeiten, was idealer weise hohe Qualifikationen voraussetzt.

 

Auch wenn der Rechnungshof das Massengeschäft eher lieber ohne großes Aufsehen erledigen will, so schützt ihn doch hin und wieder die öffentliche Wahrnehmung vor zu starkem Druck von Kritisierten, vornehmlich Politikern. Dies mag in Zeiten Großer Koalitionen noch mehr als sonst gelten. Insoweit ehren wir heute natürlich primär Sie, Herr Plaetrich, als Person, aber doch auch ein Stück weit den Rechnungshof als Ganzes. Deshalb freut es uns, dass auch Herr Clemens Sebastian hier ist. Herr Sebastian, Sie sind seit vielen Jahren ein ebenso unaufgeregtes wie zuverlässiges Bindeglied zwischen Rechnungshof und Medien, dafür dürfen wir uns an dieser Stelle auch einmal ganz herzlich bedanken.

 

Schließlich zum letzten Teil des Eingangszitats von Herrn Plaetrich. „Vor allem sind wir [also die Saarländer] ehrlich, aufrichtig und korrekt.“ Wenn das ein Präsident sagt, wird es wohl stimmen. Auf einen trifft es in jedem Fall zu, nämlich auf Sie selbst. Da Sie sich selbst ja als Saarländer bekannt und die Saarländer zugleich als bescheiden bezeichnet haben, konnten Sie das natürlich selbst nicht so deutlich sagen. Wir – die wir ja ehrlich und aufrichtig sind - können es. Die Korrektheit, das Beamtenethos, das haben Sie zu einem Ihrer Markenzeichen gemacht. Und Sie haben es auch bei scharfem Gegenwind durchgehalten. Diese Standhaftigkeit hat uns imponiert. Dafür dürfen Sie wir heute mit der exklusivsten Auszeichnung in diesem Lande ehren, der Goldenen Ente. Herzlichen Glückwunsch!