Goldene Ente 2001

Begrüßung durch Michael Kuderna

 

 

 

 

Kaum treffen wir uns ein paar Tage früher als in den vergangenen Jahren, schon kommt uns der ein oder andere abhanden, weil sie oder er noch im Arbeitstrubel steckt. Einen von ihnen will ich ausdrücklich entschuldigen, nämlich Otto Klinkhammer. Ihn hält ein unverschiebbarer Termin in ostdeutschen Landen buchstäblich fern, gerne hätte er – wie er mir schrieb – die erste Entenfeier ohne die Bürde des Laudators miterlebt.

 

Nun beginnt also etwas Neues, eine Festrede, die von jemandem gehalten wird, der kein Mitglied der Landespressekonferenz ist, aber in einer besonderen Beziehung zu dem Geehrten steht. Ich gestehe, es hat großen Spaß gemacht, den Namen bis heute Abend geheim zu halten und einmal am eigenen Leib zu erfahren, wie einige Journalisten-Kollegen mal schmeichelnd, mal keck fordernd versuchten, diesen Schleier zu lüften.

 

Jetzt ist es aber durch Augenschein wohl offenbar. Deshalb kann ich Herrn Professor Benno Rech herzlich begrüßen und ihm danken, dass er das Wagnis eingegangen ist, sich noch einmal über seinen ehemaligen Schüler zu äußern – nicht mehr in wohlverwahrten Klassenbüchern oder Zeugnissen, sondern in aller Öffentlichkeit. Sicher werden wir dadurch unseren Preisträger noch besser kennen lernen. Ein herzlicher Willkommensgruß gilt auch Frau Irmgard Rech, die zusammen mit ihrem Mann schon lange vor den lauten Forderungen nach gleichberechtigter ehelicher Partnerschaft produktive Teamarbeit praktiziert und damit der Gesellschaft einen Dienst erwiesen hat.

 

Ich freue mich sehr, dass auch ihr gemeinsamer Freund Johannes Kühn mitgekommen ist und sogar aus seinem Werk vorgetragen hat. Lieber Herr Kühn, hier sind Sie kein Winkelgast, nicht gemieden, hier wird nicht bestellt und nicht bezahlt, sie sitzen nicht mit Raben am Tisch, sondern mit Leuten, die ihr Geld wie Sie mit Sprache verdienen und doch meilenweit von ihrer Wortgewalt entfernt sind. Ich bewundere ihre Gedichte und Märchen, nur eins macht mich stutzig: Ich habe von Pferden gelesen, Fohlen, Fuchs, Eichkatze, Kühe, verschiedenen Vögeln, Fischen, und sogar die Gans kommt vor, nur – keine Ente. Wenn ich mich täusche, bitte ich um Verzeihung, wenn mich aber meine Erinnerung nicht trübt, kann ich Ihnen dieses schöne stolze Tier nur Wärmstens ans Herz legen – zumal, wenn es sich um eine Goldene Ente handelt.

 

Höchste Zeit, die Besitzer solch seltener Exemplare auch namentlich zu begrüßen: Frau Berber, Herr Frank, Herr Macher, Herr Professor Schüssler, Herr Hoffmann, Herr Lindemann, Herr Dr. Jellonek und Herr Abbaszadeh für den Verein Ramesh: herzlich willkommen. Damit Sie das Lob der Ente künftig, so oft ihnen der Sinn danach steht, in die Welt hinaus tragen können, knüpfen wir an eine lange verschüttete Tradition an und übergeben ihnen eine nach der dritten Generation gestaltete Entennadel.

 

Für uns Journalisten geht ein turbulentes Jahr zu Ende. Über den 11 September – der ja, wie Hans Magnus Enzensberger treffend beobachtet hat, offenbar auch ganz bewusst unter Ausnutzung der „symbolischen Bildlogik des Westens“ als Medienspektakel inszeniert wurde und – eine – hier zitiere ich Umberto Eco – „Globalisierung der Gefühle“ hervorgerufen hat -  über diesen 11. September und seine Folgen ist genug Kluges gesprochen worden, doch sollte er heute zumindest erwähnt werden.

 

Die Probleme, mit denen es die LPK dieses Jahr zu tun hatte, sind dagegen nun wirklich Peanuts. Doch auch Nüsse sollte man nicht gering schätzen, vor allem, wenn man selbst daran zu knacken hat. Deshalb wenigstens ein paar Bemerkungen zu zwei Knackpunkten aus dem Innenleben der LPK im Jahr 2001, die beide auch etwas miteinander zu tun haben.

 

Da ist zum einen das neue Saarländische Mediengesetz, das wohl im April  in Kraft treten wird. Es war eine eigentümliche Erfahrung, wie die eigentlich wichtigen inhaltlichen Fragen eine Zeitlang in den Hintergrund getreten sind und – da wir niemanden Böswilligkeit unterstellen wollen – wohl durch Ungeschick in der Machtfrage der Gremienbesetzung ein kräftiger Spaltpilz in der saarländische Journalistenschaft gesät wurde. Die Journalistenorganisationen haben sich inzwischen zusammengesetzt und auf eine gemeinsame Grundlinie verständigt. So wäre dieses Jahr für uns auch ohne das heutige Fest gut ausgeklungen.

 

Das Zweite betrifft die Diskussion, die innerhalb der LPK über ihr Selbstverständnis in Gang gekommen ist. Der Reflexion über die ethischen Grundlagen und Grenzen unseres Tuns entspringt zu Recht auch neues Selbstbewusstsein. Was unser Verhältnis zur Politik anlangt, hat Ministerpräsident Peter Müller einmal ein schönes Bild geprägt: Er wagte den Vergleich mit einer Herde Stachelschweine im Winter (in Klammern: wo beide Teile zu den Borstentieren gezählt werden, lass ich mir das gefallen). Wenn die Tiere zu weit auseinander laufen, erfrieren sie. Kommen sie sich allerdings zu nahe, dann stechen sie sich. Lieber Herr Müller, diese Gratwanderung auf beiden Seiten, also von Journalisten und Politikern,  zwischen Nähe und Distanz, das Vermeiden von liebedienerischer Kumpanei und selbstgefälliger ämeHäme, der Verzicht auf Belohnung für Wohlverhalten oder Anbiederung, kurzum der gegenseitige Respekt ist der wenn auch manchmal unbequeme Königsweg, von dem unser Gemeinwesen letztlich am meisten profitieren kann.

 

Sie, Herr Müller, werden von uns heute geehrt, nicht nur weil Sie ein unkonventioneller Politiker sind und ihre Überzeugungen auch mal abseits des main-streems ihrer Partei deutlich werden lassen, sondern auch weil Sie mit uns Journalisten in lockerer und offener Art umgehen – ich hoffe, Sie werden das im Saarland auch weiterhin so halten. Um es unmissverständlich zu sagen: Diese Preisverleihung ist keine Anbiederung an einen Regierungschef. Als Oppositionsführer haben wir Sie – mit Verlaub – auch manchmal als „Wadlbeißer“ empfunden. Sie gehören zu den Menschen, die in ihrem neuen Amt gewachsen sind. Natürlich haben wir uns überlegt, ob die Verleihung als Kotau vor der Macht empfunden werden könnte. Deshalb wird eher so ein Schuh daraus: Sie bekommen die Goldene Ente nicht weil, sondern obwohl Sie Ministerpräsident sind.

 

Ein Teil des Verdienstes liegt sicher auch bei Ihrem Regierungssprecher Udo Recktenwald, der schon in seiner vorherigen Position als vorbildlicher Dienstleister auf sich aufmerksam gemacht hat. Im Rheinischen Merkur bist Du kürzlich als „Vertrauter“ des Ministerpräsidenten ausführlich zitiert worden. Wie Du Deine Rolle im Spannungsfeld der Loyalität zu Deinem politischen und arbeitsrechtlichen Chef und den Anliegen Deiner journalistischen Berufskollegen ausfüllst, nötigt uns Respekt ab. Deine Entennadel hast Du Dir redlich verdient.

 

Danken möchte ich auch unserem Pianisten, Herrn Richard Ebersbach. Sage noch einer, Juristen seien zu nichts Nutze: der eine bringt es nebenher zum gesuchten Musiker, der andere zum Klarinettenspieler und Ministerpräsidenten. Selbst bei Wissenschaftlern und erfolgreichen Unternehmern schlummern bisweilen künstlerische Talente: Vielen Dank auch Ihnen, Herr Professor Scheer, dass Sie Herrn Müller und uns einmal so richtig einheizen.

 

Dann aber wollen wir zum Höhepunkt des Abends kommen, getreu dem Motto, das Peter Müller im Frühjahr in der Frankfurter Sonntagszeitung als das seine bezeichnet hat: „Lasst uns über einen Menschen reden, nichts ist wichtiger als ein Mensch.“