Goldene Ente

Begrüßung durch den LPK-Vorsitzenden Michael Kuderna

Verehrte Frau Leonardy, lieber Herr Leonardy,
sehr geehrter Herr Frantz,
verehrte Gäste,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

[Musik-Einspielung]

Was wer jetzt das? Wer hat es erkannt? Ich vermute, nur wenige unter uns. Und das muss anders werden. Bei uns mit geschätztem Durchschnittsalter 50 plus ist wahrscheinlich schon Hopfen und Malz verloren, aber die Jungen, die müssen das eben gehörte Motiv spielend leicht als Ausschnitt aus der Ouvertüre des Egmont von Ludwig van Beethoven erkennen – meint jedenfalls unser diesjähriger Enten-Preisträger Professor Robert Leonardy. Und so ist er unter die Erfinder gegangen. Das Ergebnis: „Klassik statt Klingel“, eine von ihm entwickelte und patentierte Methode. Tatsächlich haben schon einige Schulen die Pausenklingel durch kurze klassische Musik-Sequenzen ersetzt. Seine von Hitparaden abgeguckte Hoffnung: Hören die Schüler, wenn auch erzwungener Maßen, ein Musikthema zwanzig- oder dreißigmal, dann werden sie es irgendwann in sich aufnehmen, es wird ihnen gefallen und zu Nachfragen animieren, oder auch mal auf Ablehnung stoßen.

Ablehnung, Zustimmung – alles, aber keine Gleichgültigkeit“ – diese Forderung von ihm kann als sein generelles Lebensmotto gelten. Aber Leonardy wäre nicht Leonardy, wenn er sich damit begnügen würde. Nein, es gibt gleich ein Paket mit didaktischem Material dazu, damit die Lehrer über das Gehörte sprechen, Unterrichtsstunden oder gar Themenwochen gestalten können. Leonardy, der Kreative, Leonardy, der Pädagoge – mindestens zwei seiner Stärken sind damit genannt.

Sein Bemühen, die Jugend an klassische Musik heranzuführen, teilt er wie so vieles, etwa die spezielle Liebe zu Chopin, Liszt und generell der Romantik, mit unserem heutigen Ehrengast, Herrn Justus Frantz. Wir sind sehr froh und stolz, dass Sie, Herr Frantz, unsere Einladung zu Ehren von Herrn Leonardy angenommen haben, und hoffen, das Sie sich bei uns wohlfühlen.

Sie haben sich ja mit den CD’s „Klassik für Kids“ ebenfalls um die Heranführung von Kindern an die Musik verdient gemacht. Mit der „Philharmonie der Nationen“ fördern Sie junge Musiker und mit der „deutsch-sowjetischen jungen Philharmonie“ haben Sie Musik, Nachwuchsförderung und Völkerverständigung verbunden.

Übrigens hat auch unser heutiger Preisträger eine Blockade zwischen diesen beiden Ländern gelöst. Da er keine Angst vor großen Tieren hat, war ihm Helmut Kohl als Mittler gerade gut genug, um Michael Gorbatschow zu einer Ausreisegenehmigung für den großen Geiger Valery Klimov zu bewegen. So war Leonardy bei Klimov’s erstem West-Konzert dabei. Was aus der Geschichte weiter geworden ist, wissen wir: Die Fährte für Klimov’s Weg zu einer späteren Professur in Saarbrücken war gelegt.

Damit ist eine weitere Parallele zu Justus Frantz angedeutet. Beide sind „Möglich-Macher“. Zugegeben, Sie Herr Frantz waren mit dem Schleswig-Holstein-Festival der Pionier. Aber die Leistung unseres Robert Leonardys, im inzwischen noch ärmeren Saarland alle zwei Jahre ein hochkarätiges Festival auf die Beine zu stellen, ist auch nicht von schlechten Eltern. Und wen er da alles für Gastspiele gewinnt! Nur ein Beispiel: Wenn der Papst ruft, kommen die Regensburger Domspatzen nach Rom. Wenn Leonardy ruft, kommen sie eben nach Saarbrücken.

Begeistern kann nur, wer selbst begeistert ist – so sinngemäß ein inzwischen geflügelter Spruch eines unserer früheren Preisträgers. Guten Abend, Herr Lafontaine. Eine gute Gelegenheit, alle unsere Enten-Besitzer zu grüßen. Herzlich willkommen, Asgar Abbaszadeh, Charlotte Britz, Albrecht Herold, Hajo Hoffmann, Burkhard Jellonek, Jo Leinen, Clemens Lindemann, Rolf Linsler und Professor Heinrich Schüssler.

Einen besonderen Dank verdienen die Künstler des heutigen Abends: Die Schoenen. Sie sind ja schon zum zweiten Mal bei uns, auch das ein Zeichen, wie sehr wir Ihre Musik lieben und Ihre Leistung als Musiker schätzen.
Als weitere Gäste begrüßen wir unseren früheren Journalistenkollegen Klaus Altmeyer, den Historiker Wettmann-Jungblut und Generalkonsul Philippe Cerf. Sehr geehrter Herr Cerf, wir freuen uns sehr, dass Frankreich an der Saar erneut von einem Diplomaten vertreten wird, der auf die Leute zugeht, der neugierig ist und dazu noch ein spezielles Faible für Kultur hat. Saarbrücken, das ist uns klar, ist für Sie nur eine kurze Etappe, umso mehr sollten wir die wenigen Jahre nutzen, uns im Sinne der guten Sache ruhig auch gegenseitig ausnutzen. Dann wird Ihr Aufenthalt im Saarland hoffentlich nicht nur angenehm, sondern auch für Sie und für uns ein voller Erfolg.

Wie Sie, Herr Generalkonsul, sicher schon längst registriert haben, liegt das Saarland immer in der Mitte; in der Mitte von Saar-Lor-Lux, in der Mitte von Europa, und tobt auch rundherum der Irrsinn, im Saarland ist es noch lange ruhig, wie es ja immer im Auge des Orkans zu sein pflegt. Aber der Saarländer reist gerne und liebt seine Nachbarn, meistens jedenfalls. Also hat sich die LPK dieses Jahr Rheinland-Pfalz einmal genauer angeschaut. Dabei durften wir auch die Vorsitzende der Nachbar-LPK kennen lernen. Frau Ruschmann, wir freuen uns, dass Sie heute bei uns sind und schon mal die Vorhut eines Gegenbesuches machen.

Sicher werden wir im Gespräch zahlreiche gemeinsame Probleme und Potentiale finden. Wir sahen uns jedenfalls dieses Jahr ungewöhnlich häufig mit zumindest versuchten Verstößen gegen Freiheit, Fairness und Chancengleichheit bei der Berichterstattung konfrontiert. Wir müssen gar nicht an die Bundesgesetze denken, die den Informantenschutz aushöhlen. Auch bei uns im Land müssen wir uns immer häufiger wehren, wie zuletzt im Vorlauf zu dem Auftritt von Al Gore. Zahlungspflichtige Akkreditierungen, unveröffentlichte, aber aus Steuermitteln bezahlte Umfragen, Urteile, die unser Auskunftsrecht zugunsten des Persönlichkeitsschutzes zurückdrängen – das sind nur einige Stichworte. Hinzu kommt ein steter Auszehrungsprozess. Immer weniger Medien, immer weniger Zeit – das merkt man auch bei den LPK’s. Ich denke, wir müssen das Beste daraus machen und auf den Rückgang an Quantität durch Steigerung der Qualität antworten.

Beim Stichwort „Qualität“ fällt es leicht, wieder zu unserem Preisträger zurückzukehren. Begonnen hat Professor Leonardy ja als Pianist. Hier besteht ausnahmsweise ein Unterschied zu Justus Frantz. Übte dieser schon als Kind fleißig, zog der Saarländer erst spät die Musik dem Sport vor. Offenbar ist er auch ein toleranter Mensch: auch seine Kinder hat er nicht gedrängt, auch sie sind relativ spät zur Musik gekommen. Selbst soll er später eine Zeit lang leichte Fluchtbewegungen weg vom Piano hin in Richtung Chormusik gemacht haben. Aber Pianist, geachteter und geliebter Lehrer sowie Festival-Macher, das müsste eigentlich auch dem umtriebigsten Menschen genügen.

Das mit dem Festival hätte er allerdings so lange und auf solchem Niveau niemals alleine durchgehalten. Frau Leonardy, dass ich Sie erst jetzt anspreche, hat mit der Lebensregel zu tun: das Beste hebt man sich immer zum Schluss auf. Während Ihr Mann Lob und Ehrungen en masse einheimst – und Künstlern soll ja eine gewisse Grund-Eitelkeit nicht fremd ein – stehen Sie meist im Hintergrund. Wir wissen aber sehr gut, welchen Anteil Sie an dem Erfolg Ihres Mannes haben, und bewundern auch Ihre Leistung.

Zuletzt darf ich noch auf eine Entwicklung aufmerksam machen, die uns Sorge bereiten sollte und die unsere Kollegin Cathrin Elss in einem Artikel sehr treffend geschildert hat. Sie beschrieb völlig richtig, dass wir mit Ihnen, Herr Leonardy, einen Impulsgeber der saarländischen Kulturszene für sein wenn auch längst noch nicht ausgeschöpftes Lebenswerk ehren – Cathrin Elss spricht von einem „Urgestein“ - , wir ehren jemanden, der künstlerisches Gewicht, Persönlichkeit, Unternehmergeist und vor allem den Anspruch in sich vereint, Kultur für viele, für ein breites Publikum erlebbar zu machen, nicht zuletzt jemanden, der sich noch einmischt, dem man nicht nur in Sitzungen antrifft, sondern mitten im Leben, überall dort, wo etwas los ist. Dass sich uns da kein jüngerer aufgedrängt hat, ist – so sehr wir Ihnen den Preis gönnen – doch auch bedenklich. Profil, Wagemut, Offenheit auch einmal für einen Fehlschlag, aktives, öffentliches Werben für Kultur und der Wille, möglichst viele mitzunehmen, damit dieser für unsere Gesellschaft so notwendige Humus nicht vertrocknet – das hat leider im Moment keine große Konjunktur.

„Ablehnung, Zustimmung – alles, aber keine Gleichgültigkeit“: lieber Herr Leonardy, bitte behalten Sie sich diese Grundeinstellung; und wenn’s mal nicht klappt, dann denken Sie an den von Ludwig Harig in seiner „saarländischen Freude“ zitierten Satz von Albert Camus: „Wir müssen uns Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen.“

Herzlichen Glückwunsch zur Goldenen Ente.