Goldene Ente 2012

 

Begrüßung und Würdigung

 

durch den LPK-Vorsitzenden Michael Kuderna

 

 

Liebe Gäste, mit Musik geht bekanntlich alles besser. Deshalb spitzen wir zum Auftakt mal unsere Ohren, lassen uns von JAZZATTAKK überraschen und hören ein paar Minuten genau zu.

 

Das war eine Uraufführung! Haben Sie die musikalischen Zitate in dem speziell für diesen Abend arrangierten Europa-Stück erkannt? Es war nicht die Orchester-Probe von Karl Valentin – Nein: Beethovens „An die Freude“, also die Europa-Hymne, war dabei, ebenso Haydns Nationalhymne und weitere Klassiker - nur eben so, wie wir europäische Politik seit einiger Zeit erleben, nämlich teilweise in kakophoner Fassung.

 

In der Umweltpolitik war es Anfang des Jahres nicht besser. Wie so oft, den Begriff „Energiewende“ fanden fast alle gut, aber was das konkret bedeutet, hat jeder Akteur für sich und damit anders definiert. Manche wollten sofort wenden, also – wie es der Begriff eigentlich nahe legt - um 180 Grad, andere noch ein bisschen weiter machen wie immer, wieder andere ein wenig den Kurs ändern – kurzum: viele waren froh, als an diesem Orchester-Pult ein neuer Dirigent bestellt wurde, der die Kakophonie in ein harmonisches Gesamtkunstwerk wandeln soll. Und tatsächlich: Zwar konnte dieser Hoffnungsträger die Erderwärmung und damit den Klimawandel – etwa zuletzt in Doha - nicht stoppen, unstrittig ist aber: das Gesprächs-Klima in der deutschen Umweltpolitik hat sich immerhin schon etwas verbessert.

 

Lieber Herr Altmaier, als Sie in der Landespressekonferenz zum Favoriten für die diesjährige Golden Ente herangereift sind, ahnten wir von diesem Karriere-Schritt noch nichts. Und als wir Sie gewählt haben, waren Sie zwar schon im Amt und damit Hoffnungen verbunden, aber noch keine Erfahrungen.

 

Ob Sie nun an der Spitze des Bundesumweltministeriums der richtige Mann, zur rechten Zeit und an der richtigen Stelle sind, wird sich zeigen. Sicherlich können wir die Wahrscheinlichkeit dafür in einer halben Stunde schon besser abschätzen, wenn wir die Laudatio auf Sie gehört und bedacht haben – denn sie kommt von einem politischen Mitbewerber, einem Umweltministerkollegen aus dem Land, dessen Bewohner bekanntlich alles können außer Hochdeutsch, und der der Partei angehört, der gemeinhin eine besonders hohe Kompetenz für Umweltfragen nachgesagt wird. Herzlich willkommen, Herr Minister Franz Untersteller, und vielen Dank, dass Sie zu uns gekommen sind, und herzlich willkommen auch Ihrer Frau, Dr. Brigitte Ludwig-Untersteller!

 

Vielleicht darf ich gleich an dieser Stelle noch ein paar Worte zu Ihrer Person sagen, denn es scheint eine glückliche Fügung, dass wir Sie für diese Veranstaltung gewinnen konnten. Sie sind, wie Peter Altmaier, gebürtiger Saarländer, fast gleich alt, allerdings schon ein bisschen früher und zudem ganz beruflich ausgewandert und auch früher bei der Umweltpolitik angekommen. Noch etwas verbindet Sie mit Peter Altmaier und übrigens auch mit dem dritten, wenn auch ehemaligen Umweltminister hier im Raum, Jo Leinen, nämlich Ihr Herz für Europa; Sie sind ja – so habe ich gelesen - Mitglied in der Europa-Union Deutschland.

 

Und schließlich gibt es noch eine Gemeinsamkeit mit unserem diesjährigen Preisträger, nämlich Ihr Interesse an Geschichte. Bei Ihnen sind es zwar nicht die großen historischen Persönlichkeiten – da komme ich später noch mal drauf – sondern die Heimat- und Familiengeschichte; aber Chapeau, wie Sie die Geschichte und die Verwurzelung der Unterstellers in Ensheim auch im Internet dokumentiert haben. Die Wurzeln Ihrer Vorfahren in Südtirol wären auch ein interessantes Thema, immerhin hat diese Region im letzten Jahrhundert wie das Saarland schwierige Abstimmungskämpfe über seine Zukunft erlebt, dort standen sich 1939 „Geher“ und „Dableiber“ unversöhnlich gegenüber, hier waren es 1955 die „Ja-„ und die „Nein-Sager“.

 

Gott sei Dank sind die Wunden dieser Auseinandersetzungen inzwischen weitgehend verheilt. Und wie sieht es 2012 im Saarland aus? Wir erlebten den endgültigen Ausstieg aus dem Bergbau und wir hatten wieder mal Wahlen, werden nun von einer Großen Koalition regiert. Die Verantwortung für uns landespolitisch tätige Journalistinnen und Journalisten ist damit gewachsen; ohne der Versuchung einer Kritik um jeden Preis zu erliegen, müssen wir – da die Opposition nicht einmal ein Drittel der Abgeordneten stellt - noch genauer hinschauen, unsere Kontroll-Aufgaben gewissenhaft wahrnehmen und Versuchen der Vereinnahmung widerstehen.

 

Wir Saarländer haben ja Übung, inhaltlich zu streiten und trotzdem freundschaftlichen Umgang zu pflegen. So freuen wir uns, dass auch heute wieder viele frühere Preisträger aus unterschiedlichen Parteien und Professionen mit uns feiern. Einen Extra-Applaus verdient dabei sicher Alfred Wilhelm, der Senior der Preiträger – er wurde 1975 ausgezeichnet. Weiter sind Ihnen, Herr Altmaier, und uns zu Ehren gekommen: Asgar Abaszadeh, Charlotte Britz, Dr. Gunter Hauptmann, Albrecht Herold, Hajo Hoffmann, Dr. Burkhard Jellonek, Jo Leinen, Professor Robert Leonardy, Clemens Lindemann, Rolf Linsler, Helmut Macher, Udo Recktenwald und Professor Heinrich Schüssler.

 

Schließlich begrüßen wir als unseres Preisträgers und damit auch unsere Ehrengäste Roland Theis, Thomas Hartz und Raphael Schäfer. Wir bedanken uns auch bei Frau Thiel und ihrem Team vom Casino-Restaurant und bei JAZZATTAKK, die uns dieses Mal schon fast als Big-Band, nämlich erstmals zu viert verwöhnen – mit Jan Oestreich am Bass, Marius Kliche am Vibraphon, Christoph Klein an der Gitarre und Billy Trebing am Schlagzeug.

 

Und natürlich begrüße ich auch alle Kolleginnen und Kollegen, wobei ich ausnahmsweise einen namentlich erwähnen möchte: Guido Peters, schon fast eine Institution unter uns landespolitisch tätigen Journalisten, tritt – man mag es kaum glauben - in diesen Tagen in den Ruhestand. Lieber Guido, wir hoffen aber zuversichtlich, dass Du uns in der LPK als kollegialer Freund erhalten bleibst.

 

Bedanken möchte ich mich und sollten wir uns alle noch bei einem weitern Kollegen, nämlich Volker Roth. 9 Jahre hast Du, lieber Volker, im Vorstand mitgearbeitet, und warst immer ein kluger und ehrlicher Ratgeber und Helfer. Auf dich konnte ich mich immer verlassen. Möge Dir die Flasche Champagner über den Phantomschmerz fehlender stundenlanger Vorstandssitzungen hinweghelfen!

 

Doch nun zurück zu unserem Preisträger Peter Altmaier. Mit welchen Etiketten hat man Sie nicht schon belegt: „Ermöglicher“, „heimlicher Schlichter von Koalitionsstreitigkeiten“, „Vermittler, Brandlöscher und Sprachrohr“, „Polit-Junkee“, „Buddha von Berlin“ usw. usf. Viel ist schon geschrieben worden über ihre Gewohnheit, Kontakte zu festigen und Probleme zu lösen etwa bei einem guten Glas Wein und selbstgekochtem Essen in der berühmten Berliner Altbauwohnung, deren Salon – Zitat aus der Zeitschrift Capital – „der Geist dieser vergangenen Bürgerlichkeit durchweht: lederne Buchrücken und Bismarck-Biografien in den Regalen“. Nebenbei, lieber Herr Altmaier, ich bin mal gespannt, ob Sie Zeit finden für die neue, sehr kritische Bismarck-Biografie von Jonathan Steinberg und danach das Porträt des „Eisernern Kanzlers“ von Lenbach vielleicht nicht mehr ganz so prominent platzieren.

 

Wichtig an diesen Schilderungen aber scheint mir zweierlei: bei aller Methode – Altmaier hat, wie seine alten Bekannten glaubhaft berichten, schon als junger Mann Politik und Feiern verbunden, „authentisch“ sei er sei eben geblieben, und das spiegelt sich auch in seiner Art, Politik zu machen. Und zweitens: er ist extrem vernetzt.

 

Wem das Schaffen von „Begegnungsmöglichkeiten“ und die Vernetzung so wichtig sind, bei dem darf man sich auch nicht wundern, wenn er auch im Netz selbst unterwegs ist. Ohne billige Schmeichelei: Was Peter Altmaier dieses Jahr in einem „Forum“-Artikel zum Thema web 2.0 und dessen Konsequenzen für die politische Kommunikation geschrieben hat, ist absolut lesenswert. Und es ist typisch Peter Altmaier, dass er nicht die Gefahren, sondern die Chancen für eine breitere, ehrlichere und hierarchiefreie Partizipation in den Mittelpunkt stellt. Dabei ist ihm sicher völlig bewusst, dass die kulturelle Allmende – wieder so ein geschichtsträchtiger Begriff, der zur Zeit vom traditionellen Bürgertum bis hin zu den Piraten eine Renaissance erfährt – dass diese kulturelle Allmende bei der gemeinsamen Nutzung der virtuellen Welt nicht ohne Spielregeln und Nutzungsbeschränkungen zu haben ist.

 

Peter Altmaier war oft seiner Partei voraus. 1996 legte er – Stichwort „Gläserner Abgeordneter“ – seine Einnahmen und Ausgaben offen, und das gleich in 500 Exemplaren. Bezahlte Nebentätigkeiten: Fehlanzeige. Hätten sich andere prominente Politiker zumindest teilweise an ihm orientiert, wäre der deutschen Öffentlichkeit dieses Jahr ein Aufreger erspart geblieben. Eigentlich schade, dass Sie, Herr Altmaier, diese lobenswerte Praxis allerdings irgendwann haben einschlafen lassen.

 

Weiteres Beispiel: Ein Interview der TAZ im Jahr 1998. Dort legten Sie ein „Bekenntnis zur sozial-ökologischen Marktwirtschaft“ ab, befürworteten ökologische Aspekte im Steuerrecht und betonten die Notwendigkeit des Klimaschutzes. Schließlich forderten Sie die CDU noch auf, sich den neuen Realitäten in den Großstädten zu stellen – den Begriff „bürgerliche Moderne“ haben Sie ja inzwischen öfters variiert.

 

Kritik und Loyalität, Fleiß und Genuss, offener Umgang mit Journalisten ohne Kumpanei, Schwerpunkt der politischen Arbeit in Berlin und dabei geerdet in der saarländischen Heimat, im „Platt“ genauso zuhause wie in englisch, französisch und holländisch, ernsthaft in der Sache und humorvoll, ja auch selbstironisch im Umgang – Sie haben die Landespressekonferenz mit Ihrem Politikstil beeindruckt. Als Anerkennung und als Aufmunterung, daran festzuhalten, ehren wir Sie mit der Goldenen Ente.

 

Aber bevor Sie sie nun wirklich bekommen, erleben wir heute Abend eine kleine Reminiszenz an die berühmt-berüchtigten Pizza-Connection. Lieber Herr Untersteller, wir sind gespannt, was Ihnen zu unserem Preisträger eingefallen ist.