Goldene Ente 2009

Einführung Michael Kuderna:

Sehr geehrte Frau Leroy, sehr geehrter Herr Präsident Leroy,
lieber Herr Bertemes, liebe Preisträger, Gäste, Kolleginnen und Kollegen,

lassen Sie mich meine Worte mit einem Dank beginnen. Dass wir wie im letzten Jahr einen musikalischen Star bei uns begrüßen dürfen, ist wahrlich keine Selbstverständlichkeit. Dass er dann auch noch selbst spielt oder besser gesagt trommelt, und das mit zwei ebenfalls hochkarätigen, amerikanisch-luxemburgischen Kollegen, ist für uns eine besondere Ehre. Lieber Herr Professor Strauch, liebe Herren Greg Lamy und Marc Demuth, kurzum: liebes Oliver-Strauch-Trio, vielen Dank für Ihre Performance, die wir und Präsident Leroy als ausgewiesener Jazz-Bewunderer später noch einmal in Form eines kleinen Privatkonzerts erleben dürfen.

Begrüßen darf ich auch die ehemaligen Preisträger, die heute mit uns gemeinsam feiern. Liebe Asgar Abbaszadeh, Ikbal Berber, Albrecht Herold, Dr. Burkhard Jellonnek, Professor Robert Leonardy, Rolf Linsler, Helmut Macher, Udo Recktenwald und Otto-Werner Schade - herzlich willkommen. Einen möchte ich aber ganz besonders herausstellen: Dass Sie, Herr Wilhelm, von uns 1975 geehrt – damals waren Sie Innenminister – nach jahrzehntelanger Abstinenz wieder zu uns gefunden haben, das ist wirklich einen Extraapplaus wert.

Ein aufregendes und aufgeregtes Jahr geht in Kürze zu Ende. Wahlen über Wahlen, Verhandlungsmarathons, alte und neue Gesichter – für Journalisten gab es wahrlich genug Arbeit, Freude und Frust. Ich denke, wir haben uns dabei achtbar geschlagen; mit vielem, was wir unseren Lesern, Hörern oder Zuschauern geboten haben, brauchen wir uns nicht hinter der nationalen Presse zu verstecken.

Das gilt im Übrigen auch für die ethische Seite unseres Berufes. Signifikantes Beispiel war zuletzt der Umgang mit der Privatsphäre unseres früheren Preisträger Oskar Lafontaine, der mit seiner Lust zum Polarisieren nun wahrlich nicht zum Säulenheiligen taugt und nach politischer Auseinandersetzung geradezu verlangt. Paparazzi und Live-Reportagen vom Krankenhaus aus – Gott sei Dank sind die saarländischen Medien an derartigen Verirrungen nur peripher beteiligt. Wir wünschen Herrn Lafontaine jedenfalls auch von hier aus, dass er sich die nötige Ruhe gönnt und auch in Ruhe gelassen wird, um den Genesungsprozess zu einem guten Abschluss zu bringen.

Dass die saarländische Medienszene zumindest unter historischem Blickwinkel etwas Besonderes ist, sich an verschiedenen Stellen anders entwickelt hat als im so genannten „Reich“, häufig innovativ war, eigene Wege – manchmal auch Irrwege – gegangen ist, das kann man seit einigen Wochen in dem dreibändigen Werk „Medienlandschaft Saar“ nachlesen. Natürlich wird nicht jedem alles gefallen, was da rund 30 Forscher aufgeschrieben haben, werden kundige Leser den ein oder anderen Aspekt vermissen, aber unter dem Strich kann die LPK stolz sein, dass sie eine derartige Pionierarbeit der historischen Medienforschung angestoßen hat. Es gibt kein anderes Bundesland mit einer quantitativ und qualitativ auch nur annähernd vergleichbaren wissenschaftlichen Darstellung, und die Reaktionen aus der Wissenschafts-community außerhalb des Saarlandes sind bislang ohne Ausnahme positiv. Unser Dank gilt daher Herrn Professor Zimmermann, der die Gesamtfederführung und damit eine Mammutaufgabe auf sich genommen hatte, und Herrn Professor Hudemann, der in gewohnt souveräner Manier das erste Jahrzehnt unseres Betrachtungszeitraums in Griff genommen hatte. Lieber Herr Zimmermann, lieber Herr Hudemann, wir freuen uns, dass Sie heute mit uns feiern und uns gewogen geblieben sind, obwohl Sie vor drei bis vier Jahren sicher noch nicht ahnten, auf was Sie sich da eingelassen haben.

Ein Beitrag in dem Werk setzt sich auch mit der Geschichte der Landespressekonferenz auseinander. Landespressekonferenz – das setzt logischerweise die Existenz eines Landes voraus. Im Auge des Sturms, so sagt man, sei es besonders ruhig. Und so haben wir uns daran gewöhnt, dass dieses Land, unser Saarland, in schöner Regelmäßigkeit von außen in Frage gestellt wird; meistens aus meinem Geburtsland Bayern – aber keine Angst, Sie alle wissen, Konvertiten verteidigen ihren neuen Glauben besonders eifrig.

Doch in letzter Zeit scheint sich etwas geändert zu haben: Der Druck wird immer größer, und wenn die Leserbriefauswahl in der SZ nicht total daneben liegt, zweifeln auch immer mehr Saarländer selbst an einer eigenständigen Zukunft unseres Landes, manchmal sogar daran, ob dies überhaupt wünschenswert sei. Ich persönlich glaube, angesichts des trotz Finanzkrise überall munter weiter wabernden Ökonomismus kann dieses Land nur durch eine kulturelle Begründung seinen Anspruch auf Eigenständigkeit verteidigen, genauer: durch die Selbstvergewisserung, Verteidigung und Weiterentwicklung seiner spezifischen geschichtlichen Mission. Unser Enten-Preisträger Reinhard Klimmt hat diesen Zusammenhang ja auch schon mehrmals dargelegt, so in der SZ-Beilage zur 50-Jahrfeier der Rückgliederung und erneut vor etwa eineinhalb Monaten. Kern der Einzigartigkeit, die das Saarland auszeichnet, ist seine geschichtlich gewachsene Brückenfunktion zu Frankreich, und deren Weiterentwicklung zur Vision und Wirklichkeit einer grenzüberschreitenden, europäischen Region.

Dass Saar-Lor-Lux dennoch nur langsam vorankommt, manchmal gar nur nach dem Modell der Echternacher Springprozession, liegt an den alltäglichen Hindernissen, an Rivalitäten, Eitelkeiten, Unterlassungen, auch daran, dass sich dieses Thema kaum zu Stimmenfang eignet; wobei man überragende Politiker gerade daran erkennen kann, dass sie über den nächsten Wahltermin hinaus denken. „Menschen stolpern nicht über Berge, sondern über Maulwurfhügel“, sagte Konfuzius. Aber auch ein zeitweiliges Stolpern und Straucheln ist ja nichts Schlimmes, wenn man danach wieder aufsteht und seinem Ziel weiter zustrebt. Das Schlimme scheint mir die immer häufigere Indifferenz und das ebenso häufige gebetsmühlenhafte Bekenntnis zur interregionalen Zusammenarbeit ohne die Bereitschaft, dafür auch etwas einzusetzen, vielleicht auch einmal neue Wege zu gehen. Denken wir nur an die Debatte um die Einsetzung eines Generalsekretärs für die Großregion, der ihr ein Gesicht geben, dem Eindruck der Kakophonie etwas entgegensetzen und Projekte mit seiner Autorität voran bringen könnte. Um auch die Haltung der Lippenbekenntnissler , de facto aber ständigen Bedenkenträger und Aussitzer mit einem Zitat zu charakterisieren, das einem Religionsstifter – es handelt sich um Mani - zugeschrieben wird: „So manch einer wähnt sich als Träger einer Botschaft, und ist dabei nur noch ihr Sarg.“

Herr Leroy, mit Ihnen zeichnen wir einen Politiker aus, der sich positiv von den beschriebenen Fehlentwicklungen abhebt. Ein Mann, der Ziele nicht aus den Augen verliert, dabei die kleinen Schritte zu schätzen und zu setzen weiß, und nicht im Deklamatorischen verbleibt. Als Forstwissenschaftler ist Ihnen klar, dass Wachstum Zeit benötigt und Geduld erfordert. Dass man aber auch manchmal experimentieren und etwas wagen muss. Geboren in einem Grenzgebiet, mit familiären Banden in andere Länder wissen Sie um den Wert von Grenzüberschreitung, als Gaullist und Bewunderer von Robert Schuman haben Sie in ihrer politischen Arbeit Europa nie aus den Augen verloren. Unterstützung eines im Saarland stattfindenden Festivals, Ihr praktisches Verständnis von Subsidiarität, wie es sich auch in Ihrer (im Gegensatz zu manch anderen Teilregionen bedingungslosen) finanziellen Hilfe für die interregionale Journalistenorganisation IPI ausgedrückt hat – Vertrauensvorschuss bis zum Beweis des Gegenteils ist übrigens auch ein zur Nachahmung empfohlener Charakterzug, der Ihnen nachgesagt wird – und nicht zuletzt die gemeinsame Adresse des Départements und des Saarlandes in Berlin – Herr Leroy, wir können froh und stolz sein, Sie künftig in den Reihen unserer Enten-Preisträger zu wissen.

Damit Sie und wir einen noch schärferen Blick auf unseren Kulturraum bekommen und möglicherweise auch einige Anregungen, haben wir unseren Kollegen Paul Bertemes gebeten, die Festrede zu halten. Früher im Saarland tätig, nun in Luxemburg Chef einer interregional aktiven Kulturagentur – ich kann mir niemand vorstellen, der für diese Aufgabe besser geeignet wäre. Lieber Herr Bertemes, schon jetzt vielen Dank, dass Sie zugesagt haben, und nun freuen wir uns auf Ihre Gedanken.